Du kannst es nicht sagen, aber du weißt, dass es wahr ist: Mangelnde Unabhängigkeit auf Kosten der Geldanleger

| January 24, 2022|Categories: Finanzmärkte, Geldanlage|

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Es ist weitgehend bekannt, dass die Banken-Branche in der Vergangenheit mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Technologie-Konzernen entging dies nicht, sondern nutzten dies viel mehr, um durch die Ausweitung ihrer Produktpalette in einstige Monopole der Banken weiter vorzudringen (beispielsweise die Vergabe von Krediten durch Paypal). Zunehmend scheinen ebenso andere Kernbereiche der Geldinstitute unter Druck zu geraten – so auch das Veranlagungsgeschäft.

Häufig ist in den Medien zu vernehmen, dass durch die Inflation (jährliche Preissteigerungen), den Sparern jährlich rund 6 Milliarden Euro entgehen. Das ist mit der Realität absolut vereinbar. Vorenthalten wird den Sparern und Anlegern jedoch, dass diesen durch mangelnde Unabhängigkeitserfordernisse von Finanzinstituten und durch die Auswahl falscher Anlageprodukte eine weit höhere Summe entgeht. Aber nicht nur die fehlende Unabhängigkeitserfordernisse tragen zu unterdurchschnittlichen Resultaten der Anleger bei, sondern ebenso, dass Finanzinstitute vornehmlich hauseigene aktive Produkte (sprich Fonds) anbieten und diese zu mehr als 80 Prozent schlechtere Leistungen erzielen als kostengünstigere Veranlagungen, welche gleichzeitige bessere Resultate für die Geldanleger erbringen würden.

Mangelnde Unabhängigkeit

Nicht selten sind, wie in jeder anderen Branche auch, Interessenkonflikte in der Finanzindustrie anzutreffen. Aufgrund ihrer Undurchsichtigkeit kann die Finanzbranche sehr verwirrend für Außenstehende sein. Dies macht es für Vermögensberater leicht, nicht im besten Interesse für jemanden zu handeln. Anlegern mag dies auf den ersten Blick nicht auffallen, bei genauerem Hinsehen vielleicht jedoch schon oder aber erst bei mangelnden Leistungen, die ihnen ihre Investmentberater eingebracht haben. Der durchschnittliche Anleger erzielt einige Prozentpunkte weniger Rendite als die durchschnittliche Rendite der Finanzmärkte. Die unterdurchschnittlichen Renditen der Anleger und Investoren stehen auch ein Stück weit damit in Verbindung, dass diesen nur ein verschwommenes Bild ihrer Situation oder der Finanzindustrie gezeichnet wird. Dies hat auch mit der mangelnden Unabhängigkeit der Menschen zu tun, welche in dieser Branche arbeiten. Sie gehen auch nicht ohne weiteres zu McDonalds und fragen nach einem Burger von Burger King oder fragen einen KTM- oder Kawasaki-Händler, was sie kaufen sollen. Sie bezahlen dafür und die Chancen sind groß, dass Sie dann nicht den besten Burger oder das beste Motorrad erhalten, sondern eben ein KTM oder auch Kawasaki Motorrad kaufen. Deswegen sollten Anleger auch nicht mit Anlageberatern oder Vermögensverwaltern zusammenarbeiten, welche über hauseigene Fonds verfügen. Es ist dann leicht möglich, dass Ihnen diese Fonds empfohlen und verkauft werden und Sie Ihre Vermögenswerte in diese investieren. Ähnliche Problemstellungen, welche im Falle hauseigner und nicht hauseigener Fonds aufgezeigt wurden, können sich zwischen den unterschiedlichen Beratern am Finanzdienstleistungssektor ergeben. So kann beispielsweise zwischen freien Wertpapiervermittlern und an Unternehmen gebundenen Vermittlern unterschieden werden. Ohne näher auf die rechtlichen Nuancen zwischen gebundenen und ungebundenen Vermittlern einzugehen, ist es für Anleger wichtig auf die Unabhängigkeitserfordernisse zu achten.

Aufgrund der mangelnden Unabhängigkeitserfordernisse sind Investmentberater jedoch häufig nicht auf der Seite ihrer Klienten zu finden. Warum wird sich einer fragen, da es sich doch um Vermögen handelt, welches von erheblichem Interesse sein kann, nicht nur für zukünftige Lebensplanungen, sondern für die gesamte Lebenszufriedenheit der Anleger. Dies steht in Verbindung mit dem Verkauf der Produkte, mangelnder Verpflichtungen das beste Produkt anzubieten oder mit dem Verkauf von eigenen Fonds bzw. Investment-Produkten. Die meisten Banken oder Investmentgesellschaften, welche hauseigene Fonds anbieten verfügen über entsprechende Berater bzw. Verkäufer für ihre angebotenen Fonds. Dieser Vertrieb der Fonds kann auf ganz unterschiedliche Wege erfolgen, wobei diverse Gesellschaften involviert sein können, die es für Anleger und Investoren schwer machen, zu erkennen, wer denn nun unabhängig ist und wer nicht. Dabei liegt es auf der Hand, dass Veranlagungsberater, welche für Unternehmen arbeiten, die selbst Fonds auflegen, zumeist nicht über die besten Fonds bzw. Produkte für ihre Klienten verfügen. Dies spiegelt sich dann in schlechteren Leistungen und Renditen in den Portfolios ihrer Kunden wider. Häufig finden sich Konstruktionen, wo beispielsweise eine Kapitalanlagegesellschaft (KAG) mit einem Konzern verbunden ist. Diese Kapitalanlagegesellschaft legt eigene Fonds und andere Investment-Produkte auf und möchte diese entsprechend verkaufen. Im Konzern besteht hohes Interesse (hier sind wir wieder bei der Unabhängigkeit und den Interessenskonflikten), dass insbesondere konzerneigene Produkte verkauft werden. Man endet schließlich wieder bei einer Verkaufsperson, welche eigene (oder verbundene) Produkte und Fonds offeriert. Dies sollte man immer im Hintergrund behalten, sodass im besten Interesse von Menschen und Familien gehandelt wird. Wenn wir beispielsweise auf den deutschen Markt blicken, welcher ähnlich wie der österreichische aufgestellt ist, sehen wir, dass die Deutschen in Sachen Geld und Vermögen gerne die Sparkassen als erste Anlaufstelle aufsuchen. Diese verfügen auch über einen Marktanteil von über 35 Prozent (gemessen an den Einlagen). Dabei werden den Kunden als Anlageform oder für die Altersvorsorge vornehmlich Fonds der eigenen Fondsgesellschaft verkauft (der Deka). Dabei zeigen unternehmensinterne und -externe Untersuchungen, dass mehr als die Hälfte dieser Fonds die Renditeziele verfehlen oder unterdurchschnittliche Leistungen erzielen.

Aktive vs passive Fonds

ETFs (Exchange traded funds) – preiswerte passive Fonds, die von Banken restriktiv angeboten werden (so auch in Österreich) – bilden die Entwicklung der Werte von Indizes nach (zumeist Aktienindizes, jedoch zunehmend auch andere). In den vergangenen Jahren erlebten diese ETFs enorme Zuwachsraten – nicht zu Unrecht. Die Mehrheit der Studien zeigt, dass aktive Fonds (durch Fondsmanager gemanagte Produkte) schlechtere Leistungen (Renditen) als der jeweilige Index erzielen (zum Nachteil der Anleger und Investoren). Dass die Meinungen darüber geteilt sind, ist ebenso vor dem Hintergrund der Fondsindustrie zu beleuchten, steckt doch dahinter ein Billionen schwerer undurchsichtiger Markt mit vielen Profiteuren, die nichts von ihrem Stück des Kuchens abgeben wollen, zumeist auf ihren Vorteil bedacht sind und nicht dem anderer Akteure (zu denen ihre Kunden zählen – sie die obig angeführten Unabhängigkeitserfordernisse).

Paradoxerweise rät auch einer der erfolgreichsten Investoren unserer Zeit, Warren Buffett, zu passiven Anlageprodukten, obwohl er durch aktives Investieren zu seinem Vermögen gekommen ist. Dies hängt mit den veränderten Gegebenheiten auf den Kapitalmalmärkten zusammen. Waren vor einigen Jahrzehnten noch überwiegend Privatanleger am Aktienmarkt beteiligt, sind es nun weitgehend institutionelle Investoren, die über eine entsprechende Professionalität verfügen, was wiederum zu erhöhter Konkurrenz und geringeren Renditen für die Anleger führt. Es wird folglich schwerer den von institutionellen Anlegern dominierten Markt (sprich den Index, welchen ETFs günstiger nachbilden) zu übertreffen. Sind aktive Fondsmanager jedoch über die Jahre überdurchschnittlich erfolgreich (was zumeist nicht der Fall ist), schließen diese ohnehin ihre Fonds und sind für „normale“ Bürger nicht mehr zugänglich (auch das ist am österreichischen Markt kaum zu beobachten).

Angesichts dessen können ETFs (Exchange traded funds) ohne Frage zu den bedeutendsten Errungenschaften seit der Einführung von (aktiven) Fonds gezählt werden. Trotzdem werden Banker nicht müde vor diesen zu warnen. Hintergrund dafür bildet die Tatsache, dass der Asset Management Bereich nach wie vor ein profitables Geschäft für diese ist. Viele der etablierten „Player“ haben gar keine passiven Produkte (ETFs) in deren Angebot und falls doch werden die Anleger über diese Produkte nicht ausreichend informiert. Somit schielen die Banken zunehmend mit einem neidischen Auge auf Blackrock und andere Anbieter von passiven Anlageprodukten.

Herausforderungen für die Anleger

Die Wahl einer geeigneten Vermögensveranlagung kann Anleger vor Herausforderungen stellen. Schon geringe Verbesserungen der Veranlagungsstrategie können sich enorm positiv auf Nachsteuererträge auswirken. Es sollte bei der Auswahl eines Investmentberaters jedoch unbedingt auf dessen Unabhängigkeit geachtet werden. Die Anreizgestaltung im wirtschaftlichen Zusammenleben stellt einen ausschlaggebenden Punkt für den Erfolg dar (in jeglicher Form der Zusammenarbeit), wird aber dennoch häufig nicht beachtet.

Die Ausführungen zu den Unabhängigkeitserfordernissen, involvierten Akteuren und Marktrenditen zeigten deutlich, dass Anleger und Investoren leicht auf der „Strecke“ bleiben können. Über die letzten 20 Jahre erwirtschaftete der durchschnittliche Anleger rund zwei Prozent Rendite, bei einem Durchschnitt von acht Prozent, welche Aktien insgesamt erzielt hätten. Rein mathematisch muss der Durchschnitt der involvierten Beteiligten (die angeführten aktiven Anleger und Investoren) nach Gebühren unterdurchschnittliche Renditen erzielen. Faktum ist auch, dass aktives Management mehr Kosten verursacht als passives Management. Ebenso kommt es zusätzlich, neben den erhöhten Kosten und Gebühren, zu höheren Steuern bei aktiven Managern. Wenn jedoch aktive Manager gefunden werden, welche besser als der Markt sind („Gewinner“), ist daraus nicht zu folgern, dass diese Gewinner von heute auch die Gewinner von morgen sein werden. Ganz im Gegenteil, es gibt ausreichend Belege dafür, dass vergangene Gewinner nicht die Gewinner in der Zukunft sind. Vor diesem Hintergrund erstaunt es mich immer wieder, warum dennoch viele Anleger und Investoren aktive Manager und Fondsprodukte wählen. Dies ist zumeist deshalb der Fall, da (1) Anleger und Investoren darüber nicht ausreichend aufgeklärt (Finanzinstitute haben kein Interesse daran, da dahinter ein Billionen schwerer Markt steckt) und (2) die Unabhängigkeitserfordernisse nicht ausreichend sichergestellt werden. Würden die Anleger und Investoren ausreichend darüber informiert und aufgeklärt werden, dass sie #1 mit Sicherheit mehr an Gebühren zahlen, #2 mit Sicherheit mehr an Steuern zahlen und #3 deswegen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine unterdurchschnittliche Rendite erzielen (auch vor Steuern, Gebühren und Transaktionskosten), würden sich diese anders entscheiden. Dies liegt auf der Hand, jedoch wird ihnen dies meist vorenthalten.

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