Anleger und Investoren können weitere Fehler und Risiken vermeiden und dabei kein ansehnliches Geld auf der Straße liegen lassen, indem sie Opportunitätskosten berücksichtigen („Kosten entgangener Gewinne“ − gerade das tun sie jedoch zumeist nicht).

Wenn wir mit unserem Geld ein Produkt kaufen, können wir damit nichts anderes mehr kaufen. Wenn wir heute Geld ausgeben, können wir es nicht unseren Ersparnissen von morgen hinzufügen. Wenn wir uns entscheiden, dass wir das große Auto, Haus oder sonstige Sachwerte haben wollen, werden wir weniger für andere Ziele haben, wie die Ausbildung unserer Kinder oder den eigenen Ruhestand. Unser finanzielles Leben ist dabei eine endlos lange Reihe von Kompromissen. Das bedeutet: Jedes Mal, wenn wir unsere Vermögenswerte für einen unserer Wünsche verwenden, fordern wir etwas anderes heraus. Ökonomen nennen dies Opportunitätskosten. Dennoch denken die meisten Anleger, Investoren und Menschen darüber nicht nach und sind sich verpassten, zukünftigen Chancen nicht bewusst. Diese Kosten bedeuten: Wenn wir uns entscheiden unsere Euros in etwas zu stecken oder zu investieren, geben wir etwas anderes dafür auf. Wir denken jedoch nicht lange genug darüber nach, um die damit verbundenen Chancen, Risiken und Kompromisse zu berücksichtigen.

Die schöne Uhr, das neue Apple iPhone oder der teure Wein sind nicht gleich mit den Kosten eines mehrtägigen Urlaubs gleichzusetzen. 500 Euro, welche heute an Kosten aufgewendet werden, bedeuten vielmehr 3.000 Euro für die spätere Pensionsvorsorge aufzugeben. Wie können wir dem jedoch entgegenwirken? Eine Möglichkeit besteht darin, nicht lediglich daran zu denken, was wir bekommen, sondern auch daran zu denken, was wir damit aufgeben, wenn wir es bekommen. Dies kann uns jedoch vor Herausforderungen stellen. Vor allem deshalb, da wir heutige Ausgaben gegenüber Ausgaben in ein paar Wochen oder Monaten bevorzugen. Dabei zeigen Studien, dass Menschen die Angewohnheit innewohnt, einen kleineren Gewinn heute gegenüber einen viel größeren Gewinn innerhalb der nächsten Monate zu bevorzugen. Das Paradoxe ist, dass die Belohnung in den kommenden Monaten viel höher wäre. Auswirkungen auf Ihre gesamten Vermögenswerte sind damit absehbar.

Sehen wir uns diese „Kosten entgangener Gewinne“ näher in der Praxis an. In den vergangenen 100 Jahren erzielten Anleger und Investoren von Aktien ein reales Kapitalwachstum von etwa 8 Prozent pro Jahr (vor Inflation, Steuern und Gebühren). Keine andere Anlageklasse bzw. Anlageform − ob nun Immobilien, Anleihen, Gold oder Bargeld − bietet ein vergleichbares Renditepotenzial. Es zeigt sich immer wieder, dass auch scheinbar sichere Anlageformen, wie Immobilien zum „Stillstand“ kommen und von herben Verlusten gekennzeichnet sind. Darüber hinaus sind diese Anlageformen zumeist illiquide. Das heißt, dass Einbrüche und Preisverfälle am Immobilienmarkt dazu führen, dass Immobilien nur mehr schwer oder mit erheblichen Abschlägen zu verkaufen sind (anderes als beispielsweise Aktien, welche ständig ge- oder verkauft werden können). Es ist immer wieder zu beobachten wie leichtfertig Gelder in Beton „gegossen“ werden. Wir erleben derzeit eine Situation in Teilen Europas, wo Vermögenswerte in Immobilien gesteckt werden, ohne nähere Überlegungen zu den Bewertungen dieser anzustellen. Zinshäuser, Eigentumswohnungen und andere Immobilien werden um die 1 Prozent Rendite gehandelt (wenn keine weiteren überhitzten Preissteigerungen mehr unterstellt werden). Gemeinhin werden Gelder trotzdem in diese Projekte gesteckt, da man vom scheinbar sicheren „Betongold“ ausgeht. Dies trotz der Tatsache, dass (1) aufgrund der gestiegenen Immobilienpreise die Renditen nicht mit der Inflation mithalten und (2) die Erträge auch nicht mit Hebel (Einsatz von Kredit) gesteigert werden können, da die wirtschaftlichen Renditen unterhalb der Kreditzinsen liegen (geht man von keinen überhitzten Preissteigerungen der Vergangenheit aus). Anleger und Investoren können solche Fehler und Risiken vermeiden und dabei kein ansehnliches Geld auf der Straße liegen lassen, indem sie Opportunitätskosten berücksichtigen („Kosten entgangener Gewinne“ − gerade das tun sie jedoch zumeist nicht). Hinterlassenschaften werden übernommen, Unternehmen veräußert, erarbeitete Vermögenswerte angespart, jedoch wird die Möglichkeit des Vergleiches zwischen den Veranlagungsformen und Anlageklassen nicht entsprechend wahrgenommen. Anleger sind sich weder der Risiken und Chancen der unterschiedlichen Vermögensklassen (Aktien, Anleihen u.a.) bewusst, noch wie diese in den verschiedenen wirtschaftlichen Umfeldern reagieren. Werden diese Gelder dann fehlerhaft veranlagt (u.a. aufgrund beispielsweise von zu hohen Bewertungen von Immobilien, welche zu weiterführend geringeren Renditen führen; Kosten in Form der Illiquidität von Immobilien können ebenso angeführt werden), sind dies die „Kosten entgangener Gewinne“ für Anleger und Investoren.

Um diesen Trugschlüssen nicht auf den Leim zu gehen, müssen Sie sich die Handlungsweisen des mangelnden Vergleichs mit Alternativen ins Bewusstsein rufen. Die Vorteile von späteren Ausgaben gilt es dabei zu berücksichtigen. Dabei kann uns die „Verlustaversion“, welche eigentlich eine Verhaltensverzerrung darstellt, behilflich sein. Menschen, Anleger und In-vestoren neigen dazu, verlustavers zu sein. Dies bedeutet nichts anderes, als dass uns Verluste weitaus mehr Schmerz zufügen als wir Freude an unseren erzielten Gewinnen haben. Die Wissenschaft vermutet, dass Verluste deshalb schwerer auf uns wiegen, da ein asymmetrisch evolutionärer Druck auf uns lastet. Für jemanden, der ums Überleben kämpft, kann die vergebliche Suche nach Nahrung zum Tod führen (die entgangene Beute, der Verlust), während der Gewinn einer zusätzlichen Mahlzeit nicht einen zusätzlichen „Lebenstag“ verspricht. Wenn wir folglich die heutige kleinere Belohnung als Verlust betrachten, kann dies dazu beitragen, unsere (negativen) ureigensten Instinkte auf Distanz zu halten.
Ein weiterer Grund, warum wir Opportunitätskosten nicht rational berücksichtigen, ist, dass wir uns über die jeweiligen Sachwerte erfreuen und (ohne viel Nachdenken) uns dies einen spontanen Kauf tätigen lässt. Gerade diese impulsartigen Verhaltensweisen sind es, welche für den mangelnden Vergleich möglicher (zukünftiger) Alternativen verantwortlich sind. Unsere Emotionen (u.a. Aufregung) sind dabei so groß, dass alle Überlegungen zu potenziell sinnvolleren Wahlmöglichkeiten zunichte gemacht werden. Eine Lösungsvariante besteht im Innehalten. Das soll heißen, betätigen Sie einen „emotionalen Schutzschalter“, welcher Ihnen Abstand verschafft. Pausieren Sie für ein paar Stunden oder warten Sie noch länger bei sehr hohen Ausgaben. Schon wenige Minuten Abstand bis zum finalen Kauf, verhelfen Ihnen einen klareren Kopf zu bewahren.