Eigenheim in Österreich: Mieter steigen zumeist besser aus

| February 21, 2024|Categories: Immobilien|

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Viele Menschen glauben, dass ein Haus oder eine Wohnung in Eigentum die beste Investition für die Zukunft ist. Doch stimmt das wirklich?

Geht es um den Vergleich zwischen Miete und Eigentum, dann zeigt sich, dass zumeist keine rationalen Überlegungen bei dieser wegweisenden Entscheidung zugrunde gelegt werden. Für viele Personen steht das eigene Haus oder die Eigentumswohnung ganz oben auf der Liste der erfüllbaren Träume. Banken, Bauträger, Berater werben damit, dass man dann ausgesorgt hätte. Aber sind die eigenen vier Wände wirklich die wirtschaftlich sinnvollste und risikoärmste Investition? Bei genauerem Hinsehen bewahrheitet sich das nicht. Unter den zehn größten heimischen Pleiten befinden sich fünf Unternehmen mit einem Bezug zu Immobilien. Es zeigt sich ebenso, dass ein Eigenheim in den meisten Fällen keine rentable Investition ist.

Entscheidung für Eigenheim sollte gut überlegt sein
Wer sich für ein Eigenheim entscheidet, sollte sich der Risiken und Kosten bewusst sein. Es ist wichtig, einen realistischen Finanzplan zu erstellen und sich über alle möglichen Szenarien Gedanken zu machen.

In Österreich gibt es einige Besonderheiten, die bei der Entscheidung für ein Eigenheim berücksichtigt werden sollten. Im EU-Vergleich liegt in Österreich die Eigentumsquote mit 55 Prozent am unteren Ende der Statistik. Deutschland liegt mit 51,7 Prozent noch weiter hinten. Fast jedes zweite Eigenheim wird in Österreich (25,2 Prozentpunkte) mit einem Kredit oder einer Hypothek belastet. Dazu kommt, dass die Immobilienpreise in Österreich in den letzten Jahren stark gestiegen sind. Das macht es für viele Menschen schwieriger, sich ein Eigenheim zu leisten.

Nicht alle Faktoren werden berücksichtigt
Es wird oft übersehen, wie teuer ein Haus oder Wohneigentum sein kann, dass es in 30 Jahren möglicherweise grundlegend renoviert werden muss und dann die Pension knapp sein könnte. Auch aus rein wirtschaftlicher Sicht ist es nicht unbedingt eine sichere Investition. Es ist eher ein Lifestyle-Objekt, ähnlich wie das eigene Auto. Eines, dessen Kosten die meisten Menschen niedriger einschätzen, als sie tatsächlich sind und sein werden.

Eine vernünftige Vergleichsrechnung bei der Bank zu bekommen, ob ich lieber kaufen oder mieten soll, ist eine Illusion. Schließlich verfolgt die Bank auch ihre eigenen Interessen und nicht nur die ihrer Kundschaft. Zum Kaufpreis und den Finanzierungskosten kommen in der Regel noch “Weichkosten” in Höhe von etwa fünf bis zwölf Prozent des Kaufpreises, einschließlich Makler, Grunderwerbsteuer, Notar – sowie Instandhaltungskosten in Höhe von jährlich etwa 1,5 Prozent. Insbesondere diese Instandhaltungskosten werden von den meisten Kaufinteressenten stark unterschätzt.

Makler oder Verkäufer tragen dazu bei, indem sie viel zu niedrige Richtwerte vorschlagen. Ganz ähnlich wie beim Wertverlust nach dem Autokauf. Natürlich wollen sie das Haus auch verkaufen und potenzielle Käufer nicht abschrecken. Für eine valide Schätzung der Instandhaltungskosten sind 0,12 Prozent des Kaufpreises pro Monat beziehungsweise 0,08 Prozent, wenn es sich um einen gerade fertiggestellten Neubau handelt, zu veranschlagen. Vergleicht man den Kauf und die Miete einer Wohnung in Österreich, so liegt der Kaufpreis pro Quadratmeter derzeit bei rund 6.300 Euro. Die Mieten in Österreich sind in diesem Frühjahr ebenso erneut gestiegen. Im zweiten Quartal 2023 waren durchschnittlich 9,3 Euro pro Quadratmeter inklusive Betriebskosten zu bezahlen (über die unterschiedlichen Anbieter hinweg).

Ein beispielhafter Wohnungskauf
Wenn eine 100 Quadratmeter große Wohnung 630.000 Euro kostet und Weichkosten – in etwa zehn Prozent des Kaufpreises – hinzukommen, hätte man bereits 693.000 Euro ausgegeben. Bei 20 Prozent Eigenkapital müssten davon noch 554.400 Euro finanziert werden. Selbst bei einem “niedrigen” Zinssatz von effektiv vier Prozent mit einer Bindung von 20 Jahren läge die monatliche Rückzahlungsrate bei 3.336 Euro. Für die Instandhaltung – dazu gehören neben anfallenden Renovierungen und Reparaturen innerhalb der Wohnung zum Beispiel der Austausch defekter Fenster und Regenrinnen oder der Anstrich der Fassade, Kosten also, die sich die Eigentümergemeinschaft teilen muss – müssten zusätzlich 504 Euro pro Monat zurückgelegt werden. Das macht monatliche Ausgaben von 3.840 Euro.

Eine alternatives Szenario
Mietet man eine vergleichbare Wohnung, so müsste man monatlich 930 Euro Wohnkosten zahlen – das sind 2.910 Euro weniger als die monatlichen Ausgaben im Beispiel des Wohnungskaufs (hier muss zwischen privaten und Gemeindewohnungen differenziert werden; Gemeindewohnungen mit vier Wohnräumen kosten in Wien circa 750 Euro). Angenommen, man hat die gleiche Summe gespart, die im Beispiel des Kaufs als Eigenkapital eingebracht wurden, also 126.000 Euro, und investiert sie in als relativ sicher und langfristig profitabel geltende Anlageformen, mittels eines breit gestreuten Portfolios und mittels Anlageformen wie börsengehandelte Indexfonds, könnte man nach Abzug von Steuern und Inflation nach den 20 Jahren, in denen man im Falle eines Kaufs den Kredit abbezahlt hat, theoretisch ein Vermögen von 1.800.000 Euro aufbauen.

Neben den hohen Instandhaltungskosten verbirgt sich der nächste Irrtum in der vermeintlichen Wertsteigerung einer Immobilie. Die gekaufte Wohnung hat einen Wert von 630.000 Euro. Trotz kurz- und mittelfristiger Anstiege von Immobilien liegt die reale Wertsteigerung (nach Inflation) seit den 70er-Jahren im Durchschnitt bei einem Prozent. Man sollte sich nicht von der jüngsten Steigerung täuschen lassen. Darüber hinaus hätte man beim Wohnungskauf der Bank mehr als 247.000 Euro Zinsen gezahlt. Daher ist die Faustregel wichtig: je mehr Eigenkapital, desto besser. Im Falle der Miete könnte man hingegen allein von der jährlichen Rendite von vier Prozent bis zum Tod die Miete bezahlen, sich eine lebenslange Rente von 2.900 Euro auszahlen lassen – oder das gesamte Vermögen anderweitig nutzen, indem man sich über 45 Jahre hinweg monatlich 3.900 Euro auszahlt.

Fazit für Österreich
Der Kauf eines Eigenheims in Österreich ist eine kostspielige Entscheidung, die mit hohen Risiken verbunden ist. Die Wertentwicklung von Immobilien ist nicht garantiert und kann auch sinken. Es gibt jedoch auch andere Möglichkeiten, Geld anzulegen, die mit geringerem Risiko und höherer Rendite verbunden sind. Dies wird häufig nicht berücksichtigt, da die Entscheidung für Eigentum oft nicht nur eine wirtschaftliche ist. Wer sich für ein Eigenheim entscheidet, sollte sich gut informieren und einen realistischen Finanzplan erstellen. Es ist wichtig, die tatsächlichen Kosten für den Kauf, die Finanzierung, die Instandhaltung und die Sanierung einzukalkulieren, sonst führ dies zu unliebsamen Überraschungen. (Bernhard Führer, 15.2.2024)

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