Wie im gehobenen Alter das Vermögen investieren?

| February 5, 2024|Categories: Altersvorsorge und Ruhestand|

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In Österreich leben die Menschen immer länger, und viele haben im Alter ein hohes Vermögen. Laut Daten der Europäischen Kommission von 2020 machen Personen über 65 Jahre 19 Prozent der österreichischen Bevölkerung aus, und das Durchschnittsvermögen der Personen über 65 Jahre beträgt 88 Prozent des Bevölkerungsvermögens. Doch viele Pensionisten und Pensionistinnen wissen nicht, wie sie ihr Geld am besten anlegen sollen. Sie fürchten Verluste und sind mit den Finanzmärkten nicht vertraut.

Die Angehörigen dieser “goldenen Generation”, die im Alter von 65 bis 80 Jahren sind, besitzen den bedeutendsten Teil des gesamten Vermögens. Dies lässt sich unter anderem darauf zurückführen, dass viele von ihnen aufgrund der hohen Lebenserwartung in Österreich erst im Pensionsalter erben. Zudem spielt die Tatsache eine Rolle, dass viele Menschen in der zweiten Lebenshälfte zunehmend in der Lage sind, mehr zu sparen: Die Kinder sind aus dem Haus, große und kostspielige Anschaffungen wie Häuser oder Autos wurden bereits getätigt, wodurch die Sparquote stetig steigt.

Best Ager mit ausreichend Vermögenswerten

Viele ältere Menschen haben aufgrund ihrer Erwerbsbiografie wenig Erfahrung im Umgang mit Finanzfragen oder größeren Geldsummen. Finanzfragen werden häufig auf die lange Bank geschoben und die Komplexität wird als abschreckend empfunden.

Es ist überaus wichtig, bereits im Alter von 50 Jahren einen Überblick über die finanzielle Situation bei der Vorsorge und für die Pensionierung zu haben. Die Zurückhaltung bei der finanziellen Planung hat viel mit Ängsten und Unwissenheit zu tun. Viele Menschen befürchten, nach der Pensionierung nicht genug liquide Mittel zu haben, da sie nicht genau wissen, wie viel Geld sie jährlich benötigen werden. Berührungsängste mit den Kapitalmärkten spielen ebenfalls eine Rolle, insbesondere wenn frühere Erfahrungen an der Börse Verluste mit sich brachten oder das Finanzwissen lückenhaft ist.

In Österreich, einem Land das mit einem rückgängigen Filialnetz der Banken zu kämpfen hat, haben nur wenige Menschen Erfahrung mit Anlagen. Laut Statista hatten die privaten Haushalte in Österreich im Jahr 2022 Wertpapiere und Aktien im Wert von rund 62,41 Milliarden Euro. Nur etwa 13 Prozent der Bevölkerung in Österreich sind Aktionäre oder Aktienfondsanleger, wobei Menschen über 50 Jahre tendenziell noch weniger involviert sind. Dabei benötigen Pensionisten in Österreich im Durchschnitt gar nicht das gesamte angesparte Vermögen, im Gegenteil – oft bleibt es während der Pensionierung erhalten oder wächst sogar im Laufe der Jahre weiter.

Liquidität und Geldbedarf

Die effektive Verwaltung des Vermögens im Alter erfordert ein umfassendes Verständnis der Risiken und verschiedener Zeithorizonte. Es ist hilfreich, das Gesamtvermögen in verschiedene Kategorien aufzuteilen: einen Teil für Immobilien, einen für Aktien, einen für Anleihen und einen für Liquidität. Liquides Vermögen sollte für drei bis zwölf Monate für unvorhergesehene Ausgaben vorhanden sein. Außergewöhnliche Anschaffungen in den ersten fünf Jahren der Pensionierung sollten aus dem liquiden Teil finanziert werden können. Im Zweifelsfall ist es ratsam, mehr Liquidität zu halten. In der aktuellen Marktsituation gibt es mit Anleihen auch entsprechende Zinsen. Dennoch sind auch diese als sicher geltenden Anlagen Schwankungen unterworfen.

Wer einen großen Teil seines Vermögens nicht für den Lebensunterhalt benötigt, kann grundsätzlich in verschiedene Anlageklassen investieren. Es ist entscheidend, dass der Teil des Vermögens, der für den unmittelbaren Lebensunterhalt vorgesehen ist, nicht in Aktien investiert wird. Man möchte vermeiden, in die unangenehme Situation zu geraten, Wertpapiere verkaufen zu müssen, wenn die Börse schlecht läuft und Verluste dann realisiert werden. In Österreich nutzen viele Senioren und Seniorinnen ihre Risikofähigkeit beim Anlegen nicht vollständig aus – oft aus Unkenntnis. Eine breit diversifizierte Investitionsstrategie unter Berücksichtigung der persönlichen Bedürfnisse und finanziellen Ziele ist entscheidend, um im Alter finanziell gut aufgestellt zu sein.

Die Herausforderung steigt, wenn es darum geht, den Teil des Vermögens mit höherem Risiko anzulegen. Besonders bei Aktien sind die Ängste und Vorbehalte ausgeprägt. Das wahrgenommene Risiko von Verlusten ist größer als das tatsächliche Risiko und es herrscht die Sorge vor negativen Erfahrungen. Es ist jedoch unbestreitbar, dass für Investitionen in Aktien ein Anlagehorizont von mehreren Jahren erforderlich ist. In den letzten Jahrzehnten waren die Renditen globaler Aktien in drei von vier Jahren positiv. Allerdings können zwischenzeitlich Rückschläge auftreten, wie beispielsweise im Jahr 2000, oder 2008 während der Finanzkrise oder auch am Höhepunkt der Pandemie 2020.

Der Aktienanteil am Gesamtvermögen wird jedoch strukturell zu niedrig gewichtet. Aktien sind zwar anfälliger für Schwankungen, aber nicht gefährlicher als andere Anlageklassen. Zudem bestehen erhebliche Unterschiede zwischen verschiedenen Aktien: Die Wertschwankungen von einzelnen Aktien sind viel stärker als beispielsweise die eines gesamten breit gestreuten Aktienindex.

Nachlass und Vermächtnis bewahren

Ein zentrales Anliegen aus dem realen Pensionistendasein ist, Kapital zu bewahren, insbesondere im Kontext der Vererbung. Gesammelte Erfahrungen in meinen Alltag zeigen immer wieder einen Wunsch, etwas hinterlassen zu können. Ein Hindernis besteht jedoch häufig darin, dass die nachkommende Generation bei Erbschaftsfragen oft zu spät einbezogen wird. Zu viele nehmen an, dass sie 90, 100 oder noch mehr Jahre alt werden. Deshalb möchten sich viele nicht damit auseinandersetzen oder horten Geld “für den Notfall”, falls sie es selbst benötigen sollten.

Wenn ein Teil des Vermögens identifiziert wurde, der nicht für den Eigenbedarf benötigt wird und vererbt werden soll, kann risikoreicher angelegt werden, mit einem entsprechend höheren Anteil an Aktien. Denn der Zeithorizont dieser Anlage erstreckt sich über den eigenen Tod hinaus. (Bernhard Führer, 1.2.2024)

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